Heike Drechsler zu Besuch in Mittelhesssen

Die zweifache Goldmedaillengewinnerin Heike Drechsler hat in Münncholzhausen aus ihrem Leben berichtet. Für 180 Besucher ein spannender Vortrag.

Von Lothar Rühl

Die zweifache Goldmedaillengewinnerin Heike Drechsler hat in Münncholzhausen aus ihrem Leben berichtet.
Für 180 Besucher ein spannender Vortrag.
Von Lothar Rühl

Wetzlar-Münchholzhausen – Es sind zwei Sportlegenden, die der Förderverein „Space Party Crew against Aids“ um seinen Vorsitzenden Torsten Weicker (Dutenhofen) auf die Bühne des Bürgerhauses in Münchholzhausen gebracht hat. „Ewige Helden“ nennt Weicker die beiden Sportlerinnen, weil die beiden Olympia-Siegerinnen Heike Drechsler und Britta Steffen an der gleichnamigen Fernsehspielshow teilgenommen haben. In Münchholzhausen führt Moderator Tobi Kämmerer vom Hessischen Rundfunk durch den Abend, zu dem er rund 180 Besucher begrüßt.

„Ich fühle mich nicht ostdeutsch, sondern gesamtdeutsch“, bekennt Drechsler, die zu DDR-Zeiten 1974 im Trainingszentrum der BSG Wismut Gera mit der Leichtathletik begann. Bereits als Schülerin habe sie sich dem Gesundheitsprogramm der DDR unterordnen müssen, berichtete sie und ging damit auf die Doping-Skandale des einstigen Arbeiter- und Bauernstaates ein. 1983 errang sie in Helsinki den ersten Weltmeistertitel im Weitsprung.

Durch den Sport viel Selbstvertrauen gewonnen

Die damals 18-Jährige wurde damit die bis heute jüngste Weitsprungweltmeisterin und in der DDR zur gefeierten Sportlerin. „Mein Vater war tödlich verunglückt und die Mutter mit drei Kindern alleine“, blickte sie auf ihre Kinderzeit zurück.

Damals habe sie wenig Selbstvertrauen gehabt „Im Sport konnte ich meine Energie einbringen“, erzählt die heute 57-Jährige. Auf der Aschenbahn habe sie gesehen, was sie kann. „Es war ein schönes Gefühl, wenn man einen Titel gewonnen hatte.“ Von 1986 bis 1998 holte Drechsler bei den Europameisterschaften jedes Mal die Goldmedaille im Weitsprung.

Weitsprung-Olympiasiegerin Heike Drechsler (© Lothar Rühl)

Daneben hatte sie auch Erfolge im Sprint. So gewann sie bei den Europameisterschaften 1986 Gold im 200-Meter-Lauf, bei den Weltmeisterschaften 1987 Silber über 100 Meter, bei den Olympischen Spielen 1988 Bronze über 100 und 200 Meter und bei den Europameisterschaften 1990 Silber über 200 Meter.

1991 wurde Drechsler erstmals Weitsprungolympiasiegerin. Im Jahr darauf holte sie bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart ein weiteres Mal Gold. Ihr zweites olympisches Gold gewann sie 2000 in Sydney.

Neben dem Weitsprung und den Sprintstrecken betrieb Heike Drechsler auch erfolgreich den Siebenkampf. Nicht einfach sei die Pubertät gewesen, in der sie den Jungen mit ihrer sportlichen Leistung imponieren wollte.

Mit 15 reiste sie zu Trainingswettkämpfen nach Kuba, mit 16 durfte sie erstmals nach Holland, also ins kapitalistische Ausland.

Eine große Enttäuschung musste Drechsler 1984 hinnehmen, die sie noch immer nicht verwunden hat. Weil die USA wegen des Einmarsches sowjetischer Truppen in Afghanistan einen Olympia-Boykott verhängten, revanchierte sich der Ostblock mit einem Boykott der Spiele vier Jahre später in Los Angeles.

„Mein Lebenstraum ist mir 1984 genommen worden“

Als 18-Jährige hatte sie große Hoffnungen auf die ersten Plätze in den USA gehegt. „Mein Lebenstraum ist mir 1984 genommen worden“, beklagte die Leichtathletin.

Gewonnen in ihrer Disziplin hat schließlich die Rumänin Anisoara Stanciu, die Drechsler ein Jahr zuvor bei der Weltmeisterschaft geschlagen hatte. Es kam eine Zeit, in der sie „ausgepowert und müde“ war. „Ich wollte aus den Wettkämpfen raus“, bekennt Drechsler. 1988 wurde sie Mutter eines Sohnes. Ein Jahr später kam die politische Wende. „Ich war 24 Jahre alt und wollte nicht einfach in der ,DDR-Schublade‘ verschwinden“, erzählt die Weitspringerin ihrem Münchholzhäuser Publikum. Deshalb habe sie sich entschieden, weiterhin Leistungssport zu betreiben.

Bei den Olympischen Spielen 1992 wurde sie erstmals Weitsprung-Olympiasiegerin, und holte im Jahr darauf bei den Weltmeisterschaften in Stuttgart ein weiteres Mal Gold. Ihr zweites olympisches Gold gewann sie 2000 in Sydney.

Im Rückblick ist Drechsler dankbar für die „Bilderbuchkarriere“, in der sie immer wieder durch andere Menschen, aber auch durch ihren eigenen Antrieb motiviert wurde. „Sport ist etwas Tolles. Er gibt jungen Menschen Kraft und Stärke, zu Persönlichkeiten zu werden. Ich habe selbst über den Sport Kraft bekommen, Probleme zu lösen und die schwere Zeit nach der Wende zu bewältigen“, fasste Drechsler ihr Leben zusammen.

Bei der Veranstaltung konnte Moderator Tobi Kämmerer auch die ehemalige Schwimmerin Britta Steffen, ebenfalls zweifache Goldmedaillen-Gewinnerin, als Schirmherrin begrüßen.

Space-Party-Crew-Vorsitzender Weicker sagte, er habe sich vorgenommen, 20 Goldmedaillen nach Wetzlar zu holen. Mit den vier Medaillen dieses Tages habe er das Ziel erreicht mit inzwischen 21 Medaillen.