Ex-Skiläuferin Hilde Gerg macht Mut zur Besinnung
Erstellt von Toni

© Lothar Rühl
Wetzlar. Die ehemalige Olympiasiegerin im Skifahren Hilde Gerg (49) hat den Förderverein „Space Party Crew against Aids“ besucht. Damit fügt sie sich ein in die Reihe zahlreicher prominenter Sportler, die auf Einladung des Vereins einen Vortrag über ihre Karriere und ihre Motivation gehalten haben.
Vereinsmitglied Günter Marx stellte die Ausnahmesportlerin vor, die insgesamt sechs olympische und Weltmeisterschafts-Medaillen gewonnen hat. Dazu gehören Gold im Slalom und Bronze in der Kombination bei den Olympischen Winterspielen 1998 in Nagano/Japan. 2005 gewann Gerg WM-Gold im Mannschaftswettbewerb bei den alpinen Skiweltmeisterschaften in Italien. Im selben Jahr beendete sie aufgrund schwerer Verletzungen ihre Karriere.
Die zahlreichen Medaillen haben einen Platz gefunden auf dem heimischen Kachelofen in Schönau am Königssee. 2021 wurde sie aufgrund ihrer sportlichen Leistungen in die „Hall of Fame“ des Sports der Deutschen Sporthilfe aufgenommen.
Ihre letzten Siege fuhr sie vor 20 Jahren ein, ist aber immer noch bekannt, vor allem unter ihrem Spitznamen „Wilde Hilde“. Geboren wurde sie im Oktober 1975 unter dem Namen Mathilde Gerg in Lenggries. „Meine Eltern haben eine Gaststätte betrieben“, erzählt die temperamentvolle Ex-Sportlerin, die 2021 eine Autobiografie gemeinsam mit Taufig Khalil unter dem Titel „Der Slalom meines Lebens“ herausgebracht hat.
Der Vater habe nach der Geburt gesagt: „Jetzt haben wir eine neue Bedienung für die Gastwirtschaft“. Doch daraus ist nichts geworden. „Mir war schon mit dreieinhalb Jahren klar, das wird nicht geschehen“, berichtet Gerg vor dem aufmerksamen Publikum. Die Gastwirtschaft lag auf einer Höhe von 1.400 Metern, erfuhren die Besucher. So sei sie schon mit Skiern in die Schule gefahren. „Das gab mir Freiheit zu machen, was ich wollte.“
Gerg berichtet auch von Beschwernissen und Niederlagen
1993, als sie gerade einmal 18 Jahre alt war, fuhr sie ihre ersten Weltcup-Punkte ein und es deutete sich ihr großes Talent an. Trotz schwerer Verletzungen, die sie zwischenzeitlich weit zurückwarfen, entwickelte sie sich zur festen Größe in der Weltspitze.
Überhaupt hat die sympathische Gerg nicht nur Siege erlebt, sondern auch von Beschwernissen und Niederlagen berichtet. Als Jugendliche konnte sie nicht bis in die Nacht feiern. Im Leistungssport gelte „früh ins Bett gehen und früh aufstehen“. Und es heiße auch, Rückschläge so umzuwandeln, dass man gleich wieder anschließen kann. Auch bei Verletzungen habe sie sich nicht entmutigen lassen. Man müsse den Spaß am Skifahren erhalten.
Ein tragisches Erlebnis war, als ihr erster Mann, Wolfgang Graßl, den sie im Juni 2000 geheiratet hatte und mit dem sie zwei Kinder hat, im April 2010 im Alter von 40 Jahren an einem Riss der Aorta verstarb. Seit 2014 ist sie in zweiter Ehe mit Marcus Hirschbiel verheiratet und wurde zum dritten Mal Mutter.
„Man muss in sich hören und nicht nur dem nachgeben, was von außen auf einen wirkt.“
Hilde Gerg Ehemalige Skirennläuferin
„Die Trauer dauert länger an als ein gebrochenes Bein“, sagte Gerg. „Herausforderungen treffen uns alle, entweder schleichend oder ganz plötzlich.“ Es sei entscheidend, wie man damit umgehe. „Entscheide du die Kurssetzung“, gab sie dem Publikum als Rat mit. „Herausforderungen sind das Salz in der Suppe des Lebens.“
Ihre Kernbotschaft des Abends: Verändern können wir immer etwas. Dazu brauchen wir Mut, Herz und innere Stärke. Dabei sprach sie von einem „Wirkraum Stille“. Sie selbst habe ihren Weg gefunden durch Meditation und Qigong, einer asiatischen Entspannungsübung. „Man muss in sich hören und nicht nur dem nachgeben, was von außen auf einen wirkt“, so ihr Rat.
Gerg warnte vor nicht getroffenen Entscheidungen. „Durch Visionen, Wünsche und Träume, die wir uns nicht umzusetzen trauen, entstehen chronische Krankheiten.“ Eine weitere Empfehlung Gergs: „Emotionen zulassen und sich selber spüren.“ Dies helfe zu entdecken, was man will. So könne man anschließend auch ganz ruhig weitergehen.
Mit Beispielen aus ihrem Sportlerleben machte sie ihren Vortrag sehr lebendig. Ein weiterer Punkt ihres Referates: empathisch sein. Dies könne nur gelingen, wenn man sich selbst mag. „Wenn du ganz erfolgreich bist, finden dich viele gut. Aber wenn du das Bein gebrochen hast, fragt keiner nach dir“, war eine ihrer Erfahrungen. Immer wieder betonte sie die Stärke aus dem Inneren: „Seid’s mutig und hört nicht auf das von außen, sondern hört auf das Innere“, sagte Gerg in schönstem Bayerisch.

